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Gemeinsam gegen Covid-19

Die forschende Pharmaindustrie leistet mit ihrer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit einen beispiellosen Effort zur Bewältigung der Covid-19-Krise. Dabei sind Tierversuche für die Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe unerlässlich.

1. Im Wettlauf gegen die Zeit

Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie stellt die Gesundheitswesen weltweit und damit auch die forschende pharmazeutische Industrie vor enorme Herausforderungen. Kaum eine Frage wurde in den vergangenen Monaten so häufig gestellt wie: Wann hat die Pharmaforschung ein wirksames Medikament oder einen Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt? Eine abschliessende Antwort darauf ist schwierig, doch klar ist schon heute: Noch nie zuvor haben Pharmaunternehmen und akademische Forschungseinrichtungen so rasch gemeinsam auf einen neuen Erreger reagiert wie auf SARSCoV-2. Im Wettlauf gegen die Zeit spannen sie über Grenzen hinweg zusammen und leisten einen beispiellosen Effort zur Krisenbewältigung, sei es in Forschung und Entwicklung oder in Produktion und Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Diagnostika und Medikamenten.

2. Expertise und Ressourcen bündeln

Auch die forschenden pharmazeutischen Unternehmen in der Schweiz beteiligen sich aktiv am Kampf gegen Covid-19 und sind in zahlreiche internationale Projekte und Kooperationen involviert. Schon zu Beginn der Pandemie schlossen sich beispielsweise viele Mitglieder von Interpharma mit der Bill & Melinda Gates Foundation zu einem Konsortium unter dem Co-Vorsitz von Novartis-CEO Vas Narasimhan und Bill Gates zusammen, um ihre Expertise und ihre Ressourcen zu bündeln und die Entwicklung und Produktion von Impfstoffen, Diagnostika und Medikamenten zu beschleunigen. Im Bereich der Diagnostik stellte Roche als eine der ersten Firmen bereits Mitte März einen hochautomatisierten Coronavirus-Test zur Verfügung, mit dem innert 24 Stunden bis zu 4 000 Proben auf SARS-CoV-2 getestet werden können. Im Mai erhielt Roche die US-Zulassung für einen Antikörpertest und erhöhte die Produktionskapazität rasch in den hohen zweistelligen Millionenbereich, um Gesundheitssysteme weltweit beliefern zu können.

3. Erforschung bekannter Substanzen

Auf der Suche nach Wirkstoffen ist die weitere Erforschung bereits bekannter Substanzen ein wichtiger Pfeiler. Weltweit laufen Hunderte klinische Studien, in denen bestehende Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 geprüft werden. Auch die Mitglieder von Interpharma beteiligen sich beispielsweise an der Erprobung von älteren Malaria oder HIV-Medikamenten. Einen grossen Erfolg konnte Gilead verzeichnen: Das ursprünglich zur Behandlung von Ebola gedachte Medikament Remdesivir ist die erste zugelassene antivirale Therapie, die die Genesungszeit von Covid-19-Patientinnen und -Patienten massgeblich verkürzt.

4. Impfstoffentwicklung in Rekordzeit

In der Regel dauert es 6 bis 15 Jahre, bis ein neuer marktreifer Impfstoff vorliegt. Die Impfstoffentwicklung ist ein hochkomplexer Prozess (vgl. Schaubild auf Seiten 4/5). Doch in der Bekämpfung von Covid-19 könnte dieser gemäss Expertenschätzung auf 12 bis 18 Monate verkürzt werden. Wie ist eine solche Impfstoffentwicklung in Rekordzeit möglich? Ausschlaggebend ist der einzigartige Austausch von forschender Pharmaindustrie und Partnern aus der Akademie in globalen Allianzen und firmenübergreifenden Projekten. Gemeinsam konnten die Unternehmen rasch zusätzliche Forschungs- und Produktionskapazitäten mobilisieren und sind auch in der Lage, mehrere klinische Studienphasen zu kombinieren. So zählte die Weltgesundheitsorganisation Ende Juli bereits 165 Impfstoffkandidaten (139 in der präklinischen und 26 in der klinischen Phase).

Darunter sind auch mehrere Projekte von Interpharma-Mitgliedern: Johnson & Johnson konnte mit seinem Unternehmen Janssen und dessen Vaccines-Standort in Bern bereits im Juli eine Phase-1-Studie starten. An vielversprechenden Impfstoffkandidaten arbeiten auch AstraZeneca gemeinsam mit der Universität Oxford, Sanofi und GSK, Merck & Co. sowie Pfizer in Zusammenarbeit mit dem deutschen Biotechunternehmen BioNTech. Wichtig in diesem Prozess ist auch das Zusammenspiel mit Regierungen und Behörden. Durch eine schnellere Marktzulassung kann weiter Zeit gewonnen werden im Kampf gegen Covid-19.

5. Warum Tierversuche notwendig sind

Trotz der beschleunigten Entwicklungs-, Produktions- und Zulassungsverfahren steht die Sicherheit von neuen Medikamenten und Impfstoffen für Patientinnen und Patienten an oberster Stelle. Um diese zu gewährleisten, sind Tierversuche unerlässlich. An ihnen lassen sich die Lebensvorgänge, wie sie im Menschen ablaufen, nachvollziehen. Wirkstoffkandidaten werden in der vorklinischen Prüfung auf Wirksamkeit und Verträglichkeit getestet. Toxikologen analysieren sie auf ihre Giftigkeit, um beispielsweise das Auslösen von Krankheiten oder Schäden am Erbgut ausschliessen zu können. Für diese Untersuchungen werden Computersimulationen eingesetzt, ebenso wie Bakterien, Zell- und Gewebekulturen oder isolierte Organe.

Dennoch sind Versuche mit Ratten, Mäusen und Nichtnagern notwendig, um Wechselwirkungen im lebenden Organismus erforschen zu können. Nur so kann festgestellt werden, ob eine Substanz beispielsweise lange genug im Körper verbleibt, um die erwünschte medizinische Wirkung zu erzielen. Diese Standards in der Erprobung von Wirkstoffen am Tier gewährleisten ein hohes Mass an Sicherheit für Patientinnen und Patienten. Dabei ist festzuhalten, dass die Forschenden ausschliesslich dann auf Tierversuche zurückgreifen, wenn diese einerseits gesetzlich vorgeschrieben sind und andererseits alle anderen Testwege erschöpft sind.

6. Versorgungssicherheit gewährleisten

Ohne Tierversuche wären die Entwicklung von neuen Medikamenten und Impfstoffen und damit die Bewältigung der Covid-19-Pandemie schlicht nicht möglich. Die Initiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot» (vgl. Exkurs auf Seite 7) gefährdet somit nicht nur den Forschungsplatz Schweiz, sondern auch die Sicherheit von Patientinnen und Patienten und deren Zugang zu Impfstoffen und Medikamenten. Nur mit offenen Rahmenbedingungen ist es der forschenden Pharmaindustrie in der Schweiz möglich, sich an internationalen Forschungskooperationen zu beteiligen und wirksame Medikamente und Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln. Dasselbe gilt für die Versorgung mit Medikamenten und Diagnostika gegen andere, lebensbedrohende Krankheiten, auf die zahlreiche Menschen in der Schweiz auch in der Krise angewiesen sind. Sie kann nur durch die Aufrechterhaltung von globalen Lieferketten sichergestellt werden. Für die Mitglieder von Interpharma hat die Versorgungssicherheit oberste Priorität.

7. Exkurs: Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt»

«Die Initiative kommt einem faktischen Forschungsverbot gleich.»

Was will die Initiative?

Die Initiative fordert ein bedingungsloses Verbot von Tier- versuchen und Forschung am Menschen. Weiter fordert sie ein komplettes Handels- und Importverbot sämtlicher Produkte, die ganz oder teilweise unter Anwendung von Tierversuchen sowie durch Studien mit Patientinnen und Patienten entwickelt wurden.

Was würde ein Ja zur Initiative für die forschende Pharmaindustrie bedeuten?

Die Initiative kommt einem faktischen Forschungsverbot gleich. Grundlagenforschung, klinische Studien und Medikamentenforschung für Mensch und Tier wären nicht mehr möglich. Die biomedizinische Forschung von Universitäten, Spitälern und Pharmaindustrie würde ins Ausland verlagert und die Schweiz würde ihren wichtigsten Rohstoff verlieren, nämlich Forschung und Innovation. Die Folge wäre der Verlust des führenden Forschungs- und Entwicklungsstandorts Schweiz – branchenübergreifend und auf Jahre hinaus.

Welche Folgen hätte die Annahme der Initiative für Patientinnen und Patienten?

Die Medikamentenversorgung in der Schweiz könnte aufgrund des Handelsverbots von Produkten, die mittels Forschung an Mensch und Tier entwickelt wurden, nicht mehr sicher- gestellt werden. Die Patientinnen und Patienten wären vom Zugang zu innovativen, möglicherweise lebensrettenden Thera- pien abgeschnitten, da diese nicht mehr zugelassen und auf den Markt gebracht werden dürften. Das Handelsverbot würde aber auch die Ein- und Ausfuhr von Produkten aus anderen Branchen verbieten, beispielsweise in der Lebensmittelindustrie oder der Landwirtschaft. Ein solches Handelsverbot ist unvereinbar mit internationalen Verpflichtungen und Verträgen, etwa mit der Europäischen Union.

Welche Konsequenzen hätte ein Ja konkret im Kampf gegen Covid-19?

Die Entwicklung eines Impfstoffs in der Schweiz würde verboten, da Wirkstoffkandidaten an Mensch und Tier getestet werden müssen. Auch der Import eines in einem anderen Land hergestellten Impfstoffs wäre nicht erlaubt. Die Schweiz hätte demnach als einziges Land der Welt keinen Zugang zu einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2.

Welche Position vertritt Interpharma?

Interpharma unterstützt den Bundesrat in seiner Botschaft, die Initiative ohne direkten oder indirekten Gegenvorschlag abzulehnen. Die Mitglieder teilen grundsätzlich das Anliegen der Initiantinnen und Initianten, Tierleid zu vermeiden und den Menschen in der Forschung zu schützen. Die Initiative geht aber klar zu weit. Mensch und Tier sind bereits heute durch die Verfassung geschützt und die Schweiz hat eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt. Es besteht kein gesetzlicher Anpassungsbedarf.